Geschichte(n) aus und über Wetter an der Ruhr
Wetter an der Ruhr ist eine Stadt, die mit ihren heutigen Stadtteilen Alt-Wetter, Volmarstein, Wengern und Esborn, einen Teil der Geschichte des Ruhrgebietes ausmacht, ja eigentlich zu den Ursprungsstätten des Ruhrgebietes zählt.
Aus der Geschichte der Wetteraner Stadtteile siehe Beitrag: Wetter an der Ruhr.
Warum heißt unser Ort Wetter und was bedeutet dieser Name?
Zuallerst: Man weiß es nicht!
Es gibt viele Erklärungsversuche dazu und ein paar möchte ich hier vorstellen und bewerten. Sicher ist nur, dass der Name urkundlich erstmals um 1215 mit den Edlen Brüdern Bruno und Friedrich de Wettere erscheint.
Das Wetter (meteorologisch)
Das Wetter ist gezeichnet von sonnigen, regnerischen, stürmischen Zeiten, vom schönen und vom schlechten Wetter. Das Wetter gibt es überall, nicht nur hier am Ruhrbogen im Ruhrtal und es ist hier auch nicht besonders schön oder sonnig, auch nicht besonders schlecht, regnerisch oder stürmisch. Das Wetter ist hier am Ruhrbogen für diesen Breitengrad in Mitteleuropa normal, ohne Extreme und ohne Besonderheiten. Den Ort somit nach "dem" Wetter zu benennen macht keinen Sinn und man kann diese Erklärung wohl ausschließen.
Windig (auch meteorologisch)
Der Dipl.-Met. Marcus Beyer vom Deutsche Wetterdienst leitet den Namen aus dem althochdeutschen Wort "weter" für "Wind, Wehen" ab(1). Insofern also auch meteorologisch. Lt. Wikipedia wurde Althochdeutsch früher südlich ab etwa Benrath gesprochen(2). Die Stadt Wetter liegt jedoch nördlich einer gedachten Benrather Linie und hätte daher eher in einem Gebiet gelegen, in dem altniederländisch oder altsächsisch gesprochen wurde. Die Begriffserklärung ist zwar nicht ausgeschlossen, man kann sich aber fragen, ob es auf dem Gebiet von Alt-Wetter windiger war, als in der Umgegend und sich dieser Name dadurch rechtfertigt. Wohl eher nicht.
Schlagwetter (bergmännisch)
Seit vielen hundert Jahren wird in dieser Gegend Kohle abgebaut. Nun könnte man auf die Idee kommen, unser Ortsname hätte mit dem Bergbau zu tun. Im Bergbau gibt es das sog. "Schlagwetter" oder "schlagende Wetter". Dies bezeichnet eine Explosion eines besonderen Gasgemisches aus Methan und Luft, welches durch einen Funken (z.B. einer Grubenlampe) zur Entzündung gebracht wird. Es gibt allerdings zwei Fakten, die dagegen sprechen:
a) Der Bergbau fand zu damaliger Zeit eigentlich auf der gegenüberliegenden Ruhrseite statt (Schlebusch, Esborn, Sprockhövel etc.). Auf dem Gebiet des heutigen Stadtteils Alt-Wetter, der bis 1970 die Stadt Wetter alleine bildete, gab es vor dem 19. Jahrhundert keinen nachweisbaren Bergbau.
b) Der Bergbau im Sinne von Gruben, in denen Schlagwetter vorkommen kann, wurde zu der Zeit, als "Wettere" um 1215 erstmals urkundlich vorkommt in dieser Gegend gar nicht betrieben. Der Kohleabbau fand hier, wenn überhaupt, nur oberirdisch in sogenannten Pingen statt. Eine Grubentätigkeit gab es nicht.
Dieser Erklärungsversuch scheidet also schon aus diesen beiden Gründen aus.
Scharf (geologisch)
Eine andere Erklärung des Wortes "Wettere" versucht Jürgen Udolph in seinem Buch "Namenkundliche Studien zum Germanenproblem"(3,4). Er stellt auf den germanischen Wortstamm "watheri"(5) ab und leitet diesen aus dem altsächsischen Wort "hvat" (scharf, Bsp.: scharfe Bodenerhebung, scharfer Grat) ab. Er begründet es mit einer Erhebung bei oder um den Ort, denn der Ort wurde "oppidum in wettere" (= Ort in Wetter / Ort auf Wetter) genannt. Zweifel, die Leopold Schütte bzgl. der Herleitung von "watheri" hat, konnte ich bisher nicht nachlesen.
Man könnte die Felserhöhung, auf der Burg und Freiheit Wetter angelegt sind, als scharfen Grat bezeichnen, wenn man ihn vom östlichen Teil des Ruhrbogens (heute Harkortsee) aus betrachtet. Die anschließende Ebene, die sich von hier wie eine schiefe Ebene zur flußabwärts liegenden westlichen Seite des Ruhrbogens (also auch zum Wasser hin) ergibt, könnte diesen Eindruck verstärken. Die linguistische Herleitung von "watheri" aus "hvat" müsste hier ein Sprachforscher allgemeinverständlich erklären können.
Wache oder Wachturm (historisch)
Im "Wörterbuch der deutschen Sprache" aus dem Jahr 1865 wird das Wort "watheri" zwar auch dem althochdeutschen zugesprochen, aber mit dem Begriff "Wächter" in Zusammenhang gebracht(6). Unter der Voraussetzung, dass sich "Wettere" aus "watheri" entwickelt hat (sollte auch ein Sprachforscher linguistisch erläutern), hatte der Ort die Funktion eines Wächters gehabt. Bringt man dieses Wissen mit der sächsischen "Sigiburg" (heute Hohensyburg) und Karl dem Großen fast 350 Jahre vor 1215 in Verbindung, könnte auf des Gebiet des heutigen Alt-Wetter eine Wache / Wächter gewesen sein, vielleicht sogar ein Wachturm gestanden haben, der die Sachsen in und um die "Sigiburg" vor an der Ruhr vorrückenden Feinden (damals wohl den Franken) warnen sollte. Erklären muss man dann, warum der Ort jetzt doch althochdeutsch statt altsächsisch benannt wurde: das Gebiet wurde zur Zeit Karls des Großen ins Frankenreich integriert, vermutlich auch sprachlich. Der Name "Wettere" taucht ja auch erst fast 350 Jahre später (im Jahr 1215) auf. Dies ist aufgrund fehlender archäolgischer Funde zugegebenermaßen Spekulation.
Sicher sind die letzten beiden Erläuterungen stimmiger, so dass man sich auf eine dieser beiden einigen könnte, trotzdem gilt meine eingangs gemachte Erläuterung: Man weiß es nicht! Es gibt sicher auch viele weitere sinnvolle Erklärungsversuche, die ich leider nicht kenne aber gerne vorstelle, sobald sie mir bekannt werden.
Wetter oder Wetter (Ruhr)?
Seit der Gemeindereform zu Beginn des Jahres 1970 heißt die Stadt offiziell "Wetter (Ruhr)". Davor nannte sich der Ort offiziell "Wetter an der Ruhr". wobei auch "Wetter" alleine gebräuchlich war und ist. Wetter ist für einen Ortsnamen nicht einzigartig, so gibt es z.B. eine Stadt Wetter in Hessen und auch ein Dorf (Weiler) Wetter bei Osnabrück. Als im Jahre 1849 unser Bahnhof eingeweiht wurde, hieß die Bahnhofsstation nur "Wetter". Mit Eröffnung einer Bahnstation in Wetter (Hessen) wurde der Stationsname 1890 in "Wetter (Ruhr)" umbenannt.
Verordnungsblatt für Eisenbahnen und Schiffahrt 1890, Seite 1445:
"Änderung von Stationsnamen: Die im Directionsbezirk Elberfeld an der Bahnstrecke Hagen - Witten belegene Station Wetter erhält fortan zur Unterscheidung von der am 1. Juli eröffneten Station Wetter (Hess.-Nass.) der Strecke Sarnau - Frankenberg, den Namen Wetter (Ruhr)."
Wie entstand die neue Stadt Wetter (Ruhr)?
Gesetz zur Neugliederung des Ennepe-Ruhr-Kreises
Mit dem NRW-Landesgesetz zur Neugliederung des Ennepe-Ruhr-Kreises vom 16.12.1969(7) wurden die Gemeinden Esborn, Volmarstein und Wengern des Amtes Volmarstein mit der Stadt Wetter an der Ruhr zur neuen Stadt Wetter (Ruhr) vereinigt. Kleinere Gebiete der Gemeinden Silschede und Berge (ebenfalls Amt Volmarstein) wurden mit eingegeliedert.
Das bisherige Amt Volmarstein, bestehend aus dem Gemeinden Asbeck, Berge, Esborn, Silschede, Volmarstein und Wengern, wurde zum 31.12.1969 aufgelöst. Die drei verbliebenen Gemeinden Asbeck, Berge und Silschede wurden in die Stadt Gevelsberg eingegliedert.
Das Gesetz trat zum 1. Januar 1970 in Kraft. Seit diesem Zeitpunkt hat Wetter (Ruhr) vier Stadtteile: Alt-Wetter, Esborn, Volmarstein und Wengern.
Sparkasse Wetter
Ferner bestimmte das Gesetz, dass die "Stadtsparkasse Wetter (Ruhr)" und die "Amtssparkasse Volmarstein" bis zum 1. Januar 1971 vereinigt werden mussten. Die Geschäftsstellen Berge und Silschede der Amtssparkasse Volmarstein wurden in diesem Zuge der "Stadtsparkasse Gevelsberg" angegliedert. Es gab auf dem Gebiet von Wetter (Ruhr) also ab 1971 nur noch die "Stadtsparkasse Wetter (Ruhr)".
Mit einem öffentlich-rechtlichem Vertrag der Städte Gevelsberg, Ennepetal, Wetter (Ruhr) und Breckerfeld vom 6. Oktober 2021 fusionierten die "Sparkasse Gevelsberg-Wetter" und die "Sparkasse Ennepetal-Breckerfeld" mit Wirkung vom 1. Januar 2022 zur "Sparkasse an Ennepe und Ruhr".(9) Die Stadt Gevelsberg hält seit dem einen Anteil von 50 %, die Stadt Ennepetal einen Anteil von 26,6 %, die Stadt Wetter einen Anteil von 16,7 % und die Stadt Breckerfeld einen Anteil von 6,7 % an der neuen gemeinsamen Zweckverbandssparkasse.(10)
Kurzgeschichte der einzelnen Sparkassen(11):
- Wetter: Die "Stadtsparkasse Wetter" wurde am 09. Juni 1852 gegründet (am 14. Juli 1852 wurde das Statut durch den Oberpräsidenten von Westfalen genehmigt) und nahm am 16. Januar 1853 in der Wohnung des Lehrers Frielinghaus in der Freiheit-Schule (Königstraße) den Betrieb auf.
- Ennepetal: Am 8. Dezember 1856 wurde die "Sparkasse zur Enneperstraße" für Milspe und Voerde gegründet. Sie bildete ab 1857 mit der "Sparkasse zu Gevelsberg" den Zweckverband Gevelsberg/Amt Ennepe. 1868 schied Voerde aus dem Amt Enneperstraße aus und es wurde das Amt Voerde gebildet. Voerde gründete umgehend eine eigene "Sparkasse Voerde" und schied Ende 1868 aus dem Zweckverband aus, der Anfangs noch aus Milspe und Gevelsberg bestand. Am 1. April 1949 wurde die "Sparkasse Voerde" in "Sparkasse Ennepetal" umbenannt und übernahm zum 1. Januar 1950 die mittlerweile zur "Sparkasse zu Gevelsberg des Amtes Ennepe" gehörende Zweigstelle Milspe.
- Gevelsberg: Am 10. September 1857 als "Sparkasse zu Gevelsberg des Amtes Ennepe" gegründet und 1950 in "Stadtsparkasse Gevelsberg" umbenannt.
- Volmarstein: Die "Amtssparkasse Volmarstein" wurde am 16. März 1872 gegründet und nahm am 14. November des gleichen Jahres in Wengern den Betrieb auf. 1895 schied die Gemeinde Bommern aus dem Amt Volmarstein aus und gründete 1897 eine eigene Sparkasse. Am 01. Mai 1900 verlegte die "Amtssparkasse Volmarstein" ihren Sitz von Wengern nach Volmarstein.
- Breckerfeld: Am 1. Juli 1884 wurde die "Sparkasse der Stadt- und Landgemeinde Breckerfeld" gegründet. Zum 1. Januar 1976 fusionierte die "Sparkasse Breckerfeld" mit der "Sparkasse Ennepetal" zur "Sparkasse Ennepetal-Breckerfeld".
Wappen
Erläuterungen zu den Wappen
Das rote Schachbrett ist Teil des Wappens der Grafschaft Mark (8 mal 3 Felder groß), zu der die Ämter Wetter und Volmarstein gehörten. In das neuen Wappen der Stadt Wetter (Ruhr) wurde dieses mit 6 mal 3 Feldern übernommen.
Das über dem Schachbrett positionierte "W" (für Wetter) im alten Wappen von Wetter wurde im neuen Wappen als stilisierte Burgzinnen für die Burg und Freiheit Wetter übernommen.
Die roten Lilienblätter des Wappens für das Amtes Volmarstein waren Teil des Wappens der Ministerialen, später Grafen von Volmestein und wurde auch von den Grafen von der Recke-Volmestein in ihrem Wappen benutzt. Im neuen Wappen der Stadt Wetter Ruhr wurden die Lilie feiner zisiliert unter das Schachbrett übernommen. Im Volksmund werden die Lilienblätter als Eselsohren bezeichnet; Hintergrund dieser Bezeichnung ist, dass in Volmarstein aufgrund der steilen Wege früher häufig der Esel bzw. das Maultier als Lasttier anzutreffen war.
Quellen
1Dipl.-Met. Marcus Beyer, Ortsnamen und Wetter vom 03.07.2016 auf der Webseite https://14-tage-wettervorhersage.de/news/thema/160703/ (abgerufen am 28.04.2021)
2Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Althochdeutsche_Sprache (abgerufen 28.04.2021)
3Jürgen Udolph, Namenkundliche Studien zum Germanenproblem, Verlag Walter de Gruyter, Berlin 1994, S. 194
4Kirstin Casemir und Jürgen Udolph, Wesfälisches Ortsnamenbuch (WOB), Band 5, Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2013, S. 221
5Prof. Dr. Ernst Förstemann, Altdeutsches Namenbuch, 2. Band Ortsnamen, Zweite völlig neue Bearbeitung, Verlag Ferdinand Förstemann, Nordhausen 1872, S. 1564
6Dr. Daniel Sanders, Wörterbuch der deutschen Sprache mit Belegen von Luther bis auf die Gegenwart, 2. Band 12. Lieferung, Verlag Otto Wigand, Leipzig 1863, S. 1439
7https://recht.nrw.de (zuletzt abgerufen 27.09.2020)
8Susanne Schlenga, Sparkassen Wetter und Gevelsberg fusionieren, Artikel in Internetportal DER WESTEN vom 18.11.2016 (zuletzt abgerufen 27.09.2020)
9SparkassenZeitung, Fusion eröffnet zusätzliche Spielräume, Artikel vom 19.10.2021 (zuletzt abgerufen 31.12.2021)
10Stefan Scherer, Ennepe-Ruhr-Kreis: Mächtige Sparkassen-Fusion ist besiegelt, Artikel in der Westfalenpost vom 07.10.2021 zuletzt abgerufen 31.12.2021)
11Hartmut Breyer, Sparkasse an Ennepe und Ruhr: Häuser schon früher verbunden, Artikel in der Westfalenpst vom 30.12.2021 (zuletzt abgerufen 31.12.2021)