Geschichte von Wetter
Von den Anfängen
Die erste Besiedlung des Ruhrbogens, in dem der heutige Stadtteil Alt-Wetter liegt, verschwimmt im Dunkeln der Geschichte. Vor rund 60.000 Jahren waren die Neandertaler und vor etwa 13.000 Jahren eiszeitliche Rentierjäger im Ruhrtal auf der Jagd. In der Nachbarschaft Hagen (Blätterhöhle) wurden Schädel von Menschen entdeckt, die vor etwa 10.500 Jahren (Nacheiszeit) in der Gegend als Jäger und Sammler unterwegs waren(1). Während der Jungsteinzeit von ca. 4200 bis 2800 v. Chr. könnte das Gebiet zum südlichen Ende der sog. Trichterbecherkultur(2) sowie anschließend bis ca. 2200 v. Chr zur Kultur der Schnurkeramik(3) (auch Streitaxtkultur genannt) gehört haben. In der Hagener Blätterhöhle wurden menschliche Überreste auch aus der Zeit gefunden. Zur jüngeren Bronzezeit (ab ca. 1200 v. Chr.) liegt das Gebiet der heutigen Stadt Wetter im Bereich der Zentralen Urnenfelderkultur(4).
Im 3. Jahrhundert v. Chr. zählt das Gebiet zum keltischen Einflussbereich der Hallstatt-Kultur(5,6,7). Anschließend drangen germanische Stämme in das Gebiet vor und der keltische Einfluss wurde ins linksrheinische abgedrängt. Zur germanischen Besiedelung muss festgestellt werden, dass die Stämme aufgrund kriegerischer Stammesfehden und römischer Kriegszüge über die Jahrhunderte nicht ortstreu waren. Die geschichtliche Erwähnung von Germanen beginnt mit den Berichten von Gaius Julius Cäsar über die gallischen Kriege in den Jahren 58 – 50 v. Chr.(8).
Der Ruhrbogen gehörte vor Christi Geburt wahrscheinlich zum Siedlungsgebiet der germanischen Stämme der Sugambrer/Sigambri(9) und der Marser/Marsi(10,11, siehe auch 12). Während die Sugambrer nach einem Bericht von Tiberius um 7 v. Chr. an die Maas umgesiedelt wurden(13), verschwanden die Marser nach einem Kriegszug des Germanicus um 14 n. Chr. für einige Zeit aus der Geschichte. Marsberg im Sauerland ist wahrscheinlich der Hauptort ihres Siedlungsgebietes gewesen. Es gibt die Auffassung, die Marser könnten der Teil der Sugambrer sein, die nicht von den Römern zur Maas umgesiedelt wurden (14,15). Nachdem Rom die Eroberung der rechtsrheinischen Gebiete aufgegeben hat, war unser Gebiet um 50 n. Chr. vermutlich an der Besiedlungsgrenze der germanischen Stämme der Brukterer(16), Usipeter(17) und Tenkterer(18) gelegen. An der unteren Ruhr siedelten später die aus dem Gebiet der Eder eingewanderten Chattuarier, so dass auch hier wieder ein Grenzgebiet entstand(19).
Ob aber je ein germanisches Lager oder Dorf auf dem Gebiet der Stadt Wetter existierte, ist nicht feststellbar.
Vermutlich ab dem 3. Jahrhundert bildeten einige ingväonische(20) und hermionische(21) germanische Stämme (u.a. Chauken, Cherusker, Sueben) den Stammesverband der Sachsen(22,23). Diese zogen nach Westen und eroberten das Land der Brukterer, die sich über den Rhein nach Westen zurückzogen. Wetter gehörte zum sächsischen Siedlungsgebiet. In der zweiten Hälfte des 3. Jahrhundert schlossen sich einige istväonische(24) germanische Stämme (u.a. Brukterer, Usipeter, Sugambrer, Marser, Tenkterer) mit anderen kleineren germanischen Stämmen zum Stammesverband der Franken zusammen(25,26).
Hinweis: Die Einteilung der Völker in Ingväonen, Istwäonen und Hermioden kommt nur bei römischen Autoren vor und ist in tatsächlicher Hinsicht nicht nachvollziehbar!
Die genauen Grenzen zwischen sächsischen und fränkischen Völkern bleiben im Bereich der Ruhr unbekannt. Wahrscheinlich verschoben sie sich im Laufe der Jahrhunderte durch viele kriegerische Auseinandersetzungen. Auch waren Sachsen und Franken noch keine „vollständigen“ Völker, die germanischen Teilvölker/-stämme hatten noch immer eigene Interessen.
Im 5. und 6. Jahrhundert lag der Ruhrbogen an der nordöstlichen Besiedlungsgrenze der ripuarischen Franken(27). Diese sind zu dieser Zeit bereits christianisiert.
Seit dem Tod des fränkischen Königs Chlodwig I. (Merowinger) im Jahre 511 bis hin zu Pippin dem Jüngeren (Karolinger) um 750 kann man die Grenze zwischen dem fränkischen Teilkönigreich Austrasien und dem sächsischen Siedlungsgebiet in dieser Gegend in etwa am unteren und mittleren Ruhrverlauf festmachen(28). Im Jahr 775 wurde die sächsische Sigiburg (später Hohensyburg genannt) durch Karl den Großen erobert(29,30). Hier hatte der Volksstamm der Westfalen mit der sächsischen Führungsfigur Widukind seinen Siedlungsraum.
Der Sage nach war das Heerlager der Franken unter Karl dem Großen vor der Stürmung der als Wallburg angelegten Sigiburg, unterhalb des Kaisberg (dieser lag früher auf dem Gebiet von Herdecke-Süd heute von Hagen-Vorhalle), auf der Wetter gegenüberliegenden Ruhrseite(31). Daher soll dieser auch den Namen "Kaisberg" erhalten haben.
Das Gebiet der Stadt Wetter war somit ständiger Zankapfel zwischen den Franken und den Sachsen. Der Ruhrbogen lag also schon in der Frühzeit im Grenzgebiet verschiedener Kulturen. Eindeutige politische und kulturelle Grenzlinien kann man aber in diesem Gebiet nicht ziehen, vielmehr handelt es sich um fließende Übergänge zwischen Völkern und Kulturen.
Exkurs: Was ist "germanisch"?
Neuen wissenschaftlichen Betrachtungsweisen(32) zufolge, ist die Zuordnung der rechtsrheinischen Stämme zu einem übergeordneten Volk der "Germanen" nicht mehr haltbar. Für die römische Betrachtungsweise waren alle Menschen, die unabhängig von der Ethnie nicht innerhalb des römischen Kulturkreises wurzelten, Barbaren. Alle Gebiete außerhalb der Grenzen des römischen Imperiums wurden pauschal als "babaricum" bezeichnet. In dem anfangs von den Römern als "wildes Land" wahrgenommene Germanien wurden die nördlich der Donau und östlich des Rheins lebenden Völker zwar in Stämme unterschieden, die Gesamtheit jedoch von römischen Autoren als "germani" (Germanen) bezeichnet. Es handelt sich also um eine rein römische Wahrnehmung, die auch im Laufe der Zeit unterschiedliche Ansinnen hatte(33).
Die Einordung und Zusammenfassung der Stämme als Germanen wurde von den Römern nicht als Volksbegriff, sondern für die, im zeitlichen Verlauf unterschiedlichen, innen- und vor allem außenpolitischen Ziele und Zwecke vorgenommen, also eher für eine räumliche Vorstellung einer Region und der darin lebenden Stämme. Die in der von Römern "magna germania" bezeichneten Gegend lebenden Volksstämme kannten keinen übergeordneten Begriff. Ihre Gemeinsamkeiten lagen vermutlich eher in den Ähnlichkeiten der religiösen Rituale und einer vermutlich ähnlichen Lebensweise. Die Menschen selbst agierten und betrachteten sich selbst als Sigambrer, Marser, Brukterer, später als Franke, Alemanne etc. Keiner hätte sich je selbst als "Germane" bezeichnet.
Somit ist auch die Zuordnung zu einem "germanischen Volk" heutzutage eher irreführend, da ein stammesübergreifendes Bewusstsein dafür bei den Völkern gar nicht vorhanden war. Jeder Stamm hatte eigene Interessen, die er durchzusetzen versuchte. Die kulturelle Zusammenfassung dieser Stämme zu einem übergreifend "germanisch" genannten einheitlichen Volk ist wahrscheinlich erst in der Neuzeit zur Rechtfertigung für die abgrenzende Bildung von Staatsvölkern erfolgt.
Quellen:
1Museum für Ur- und Frühgeschichte im Wasserschloss Werdringen - In der Zeitmaschine durch Hagen - https://www.hagen-online.de/in-der-zeitmaschine-durch-hagen.html (zuletzt abgerufen am 03.02.2021)
2Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Trichterbecherkultur (zuletzt abgerufen am 26.09.2020)
3Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Schnurkeramik (zuletzt abgerufen am 26.09.2020)
4Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Urnenfelderkultur (zuletzt abgerufen am 26.09.2020)
5Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Kelten (zuletzt abgerufen am 26.09.2020)
6Keltenkultur - http://www.keltenkultur.de.vu (zuletzt abgerufen am 01.02.2019) -> nicht mehr online
7Christian Karl Barth – „Teutschlands Urgeschichte“, Baireuth 1817 Seite 92ff.
8C. Julii Caesaris – „Commentarii de bello gallico“ 6. Buch, Seiten 21-28
9Wikipedia - http://de.wikipedia.org/wiki/Sugambrer (zuletzt abgerufen am 26.09.2020)
10Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Marser_(Germanien) (zuletzt abgerufen am 26.09.2020)
11Oberlehrer Middendorf - „Über die Wohnsitze der Brukterer“ aus dem neunten Jahresbericht über das königl. Gymnasium in Coesfeld in dem Schuljahre 1836 – 37, Coesfeld 1837
12Kaspar Zeuss - „Die Deutschen und ihre Nachbarstämme“, München 1837
13Krüger, Die Germanen, Bd. 1, S. 408
14Kaspar Zeuss, Die Deutschen und ihre Nachbarstämme, 1806-1856, Seiten 83 - 86
15Reinhard Wenskus: Stammesbildung und Verfassung, Böhlau, Köln 1977 (2. unveränderte Auflage), S. 437f.
16Wikipedia - http://de.wikipedia.org/wiki/Brukterer (zuletzt abgerufen am 26.09.2020)
17Wikipedia - http://de.wikipedia.org/wiki/Usipeter (zuletzt abgerufen am 26.09.2020) 18Dr. J. F. Knapp - „Die Geschichte der Deutschen am Niederrhein und in Westphalen“, Elberfeld und Barmen 1830 Seite 4ff.
19Wikipedia - http://de.wikipedia.org/wiki/Chattuarier (zuletzt abgerufen am 01.02.2019)
20Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Ingwäonen (zuletzt abgerufen am 01.02.2019)
21Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Herminonen (zuletzt abgerufen am 01.02.2019)
22Wikipedia - http://de.wikipedia.org/wiki/Sachsen_(Volk) (zuletzt abgerufen am 01.02.2019)
23Kaspar Zeuss - „Die Deutschen und ihre Nachbarstämme“, München 1837, Seite 380ff
24Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Istvaeonen (zuletzt abgerufen am 01.02.2019)
25Wikipedia - http://de.wikipedia.org/wiki/Franken_(Volk) (zuletzt abgerufen am 01.02.2019)
26Kaspar Zeuss - „Die Deutschen und ihre Nachbarstämme“, München 1837, Seite 325ff.
27Die Bevölkerung der späteren Grafschaft Mark sollen auch die Bructerer zählen. Quelle: Albert Schunken - „Die Geschichte der Reichsabtei Werden a.d. Ruhr“, Köln und Neuss 1865, Seite 11 Fußnote 2
28Wikipedia - http://de.wikipedia.org/wiki/Austrasien (zuletzt abgerufen am 26.09.2020)
29Wikipedia - http://de.wikipedia.org/wiki/Syburg (zuletzt abgerufen am 26.09.2020)
30Leopold v. Ledebur – „Kritische Beleuchtung einiger Punkte in den Feldzügen Karls des Großen gegen die Sachsen und Slaven“ (1829) Seite 24ff.
31Dr. G. A. von Klöden und Richard Oberländer - "Unser Deutsches Land und Volk" 5. Band, Leipzig und Berlin 1882, S. 394
32Prof. Dr. Mischa Meier, Prof. Dr. Steffen Patzold, Prof. Dr. Sebastian Schmidt-Hofner - "Abschied vom alten Germanenbild" im Magazin DAMALS - Das Magazin für Geschichte, 53. Jahrgang 2-2021, S. 16-19
33Paolo Andreocci - "Die Germanen bei Caesar, Tacitus und Ammian . Eine vergleichende Darstellung.", Inaugural-Dissertation, Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg 2008
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- Geschrieben von Thorsten Schmitz
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Auf ins Mittelalter
Während der karolingischen Herrschaft unter König, ab 800 dann Kaiser, Karl dem Großen (*747/748 +814) wurde das sächsische Gebiet ab 772 in das Frankenreich(1) integriert. Auch das heutige Gebiet der Stadt Wetter wurde, sofern es tatsächlich noch nicht zu Austrasien gehörte, aufgrund der Grenznähe sicherlich schon früh integriert und christianisiert. Ob hier die anfänglich gleiche blutige Brutalität der Franken gegen Sachsen wie weiter östlich angewendet wurde, bleibt Vermutung. Anfänglich massiver Widerstand der Sachsen, der Westfalen, später auch unter ihrem Anführer Widukind, wurde blutig unterdrückt und ließ aber nach Aufgabe und Taufe Widukunds im Jahre 785 merklich nach(2).
Angeblich wurde noch zu Lebzeiten Karls des Großen um 800 herum der heutige Ortsteil Wengern unter dem Namen Wyngern erwähnt. Es fehlt jedoch ein Nachweis über diese Erwähnung. Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass mit der fränkischen Integration und Christianisierung auf dem Platz der heutigen Dorfkirche in Wengern bereits um 800 eine Holzkirche erbaut wurde(3,4)). Als 836 die Gebeine des heiligen Liborius von Le Mans nach Paderborn überführt wurden, soll die Prozession auch durch Wengern geführt und in diesem Zuge die Kirche dem heiligen Liborius geweiht worden sein(5).
Nach dem Tode Karls des Großen im Jahr 814 übernahm sein Sohn Ludwig I. gen. der Fromme (*778 +840) die Kaiserkrone. Nach seinem Tode stritten dessen Söhne (Lothar I., Karl II. gen. der Kahle und Ludwig II. gen. der Teutsche) um die Macht im Frankenreich. Mit dem Vertrag von Verdun(6), vermutlich im Jahr 843, fand eine Dreiteilung des fränkischen Kaiserreiches statt (Westfränkisches Reich, Lotharingien und Ostfränkisches Reich). Das Gebiet der Stadt Wetter wurde wohl dem Ostfränkischen Reich(7) unter König Ludwig II. gen. der Teutsche (*ca. 806 +876) zugeordnet, aber es war weiterhin im Grenzgebiet zwischen dem Ostfrankenreich und dem Reich König Lothars(8) (Lotharii Regnum = Reich Lothars). Streitigkeiten über die Zuordnung waren vermutlich die Folge, da im östlichen Einzugsbereich von Köln (gehörte zu Lotharingien) die Aufteilung zwischen den Brüdern wohl nicht eindeutig war. Erst nach dem Tode der Söhne Lothars wurde mit dem Vertrag von Meerssen(9) aus dem Jahr 870 der Ruhrbogen wohl endgültig dem Ostfrankenreich zugeschlagen.
Nach dem Tod Ludwigs wurde auch das Ostfrankenreich zwischen dessen Söhnen (Karlmann, Ludwig III. dem Jüngeren, Karl III.) dreigeteilt. Die Herrschaft über den Ruhrbogen, nun im Stammesherzogtum Sachsen gelegen, wurde an Ludwig III. (*ca. 835 +882) vererbt(10).
Herzöge oder Grafen im Stammesherzogtum Sachsen hatten seit Karl dem Großen aber nicht die gleiche Macht wie in anderen fränkischen Gebieten. Häufig waren sie nur Amtsträger. Die meisten Besitzungen erhielten bis 900 und darüber hinaus die Bistümer und Klöster. Größere Besitzungen von Höfen und Bauernschaften in der Gegend des Ruhrbogens hatte u.a. das Kloster Werden. Es ist daher anzunehmen, dass die eigentliche Machtausübung von den Äbten dieses Klosters ausgeführt wurde. Eine bis zum Jahr 900 erfolgte Aufstellung des klösterlichen Besitzes, das sog. Urbar A, konnte bisher nicht eingesehen werden um zu klären, ob und wenn welche Abgabepflichten auf dem Gebiet der heutigen Stadt Wetter bestanden haben könnten.
In den Jahren zwischen 850 und 1100 sind die Herrschaftsverhältnisse unterhalb der Könige und Kaiser für den Ruhrbogen nicht klar erkennbar. Während das Gebiet von Wengern wohl der Abtei abgabepflichtig war, ist dies für das Gebiet nördlich der Ruhr nicht erkennbar, ebenso wenig eine Besiedlung des zur Ruhr abfallenden Ardeyrückens (Gebiet von Alt-Wetter). In einer späteren Urkunde von 1020 bezeichnet Kaiser Heinrich II. z.B. Herbede als im Gau Westphalen im comitate (= im Gefolge) des Grafen von Hermann [Anm.: von Werl] belegen(11). Dies legt nahe, dass auch das heutige Gebiet von Wetter zur Grafschaft Werl gehörte.
Mit Otto I. (*912 +973), ab 936 Herzog von Sachsen und König des Ostfrankenreichs, ab 962 Kaiser des heiligen römischen Reichs, wurde Dortmund's (Throtmanni) Bedeutung aufgewertet, insbesondere durch mehrere Aufenthalte als König später als Kaiser in Dortmund(12). Dortmund wurde Kaiserpfalz, was sicher Einfluss auf die nähere Umgebung und die Gegend um den Ruhrbogen hatte. Mit Otto bestieg auch erstmals ein Adeliger aus dem sächsischen Stammesverband des römisch-deutschen Kaiserthron.
Herzog von Sachsen wurden ab 960 Hermann I. Billunger. Die Familie der Billunger hielt das Stammesherzogtum Sachsen bis etwa 1106(13)).
Im Jahre 1003 wird ein Teil der heutigen Stadt Wetter dann tatsächlich erstmals urkundlich erwähnt. Der König des Ostfrankenreichs Heinrich II. (*973/978 +1024), ab 1014 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, schenkte in einer Urkunde unter anderem den Hof Wenigern dem Kloster Deutz zu dessen Gründung(14). Die Urkunde selbst ist allerdings nicht mehr fassbar.
In einer Urkunde von 1047 wird die Lage von Sprockhövel anhand von Volmarstein (hier Folmudestede) bestimmt(15). In dieser Urkunde stiftet sich der Abt Gerold aus dem Kloster Werden selbst ein Jahresgedächtnis. Diese erste urkundliche Erwähnung von Volmarstein (ursprünglich also eigentlich Volmestein) lässt vermuten, dass eine Siedlung hier schon länger bestand.
Der anfängliche Einfluss durch den Königs- und Kaiserhof in Dortmund in diesem Gebiet ließ mit dem Tode Heinrichs II. und Übernahme der Kaiserwürde durch wieder fränkische Adelige nach. Der Kaiser hielt sich in dieser Zeit kaum noch in Westfalen auf, sondern war hier maximal noch auf der Durchreise, so dass Adelige, insbesondere Grafengeschlechter versucht waren zunehmend ihre eigenen Herrschaftsgebiete abzustecken und durch Dynastiebildung, insbesondere Vererbung, abzusichern. Die Herrschaft über eine Grafschaft war ursprünglich nicht vererbbar, sondern musste jedes Mal vom König oder Kaiser durch Lehen auf Zeit erworben werden. Auch die folgenden Herzöge von Sachsen schienen sich mehr mit sich als mit dem Land zu beschäftigen, die Grafen von Werl konnten dadurch wohl ihre Machtbasis ausbauen und behaupten.
Laut der Kölner Königs-Chronik lässtder Kölner Erzbischof Friedrich I von Schwarzenburg im Jahr 1097 die Burg Volmarstein errichten(16). Friedrich I. von Schwarzenburg begann seine Amtszeit als Erzbischof von Köln jedoch erst im Jahr 1100(17), folglich kann die Burg unter ihm auch frühestens erst ab diesem Jahr errichtet worden sein. Er setzte dort seine Ministerialen, die Herren von Volmestein, als Burgherren ein, deren Herkunft jedoch im Dunkeln bleibt.
Die Grafen von Werl verlegten im 12. Jahrhundert ihren Stammsitz nach Arnsberg und nannten sich nun Grafen von Arnsberg. Im Jahr 1102 erhält der Erzbischof von Köln aufgrund von Streitigkeiten in der Familie der Grafen von Werl-Arnsberg größere Besitzungen in und um Werl(18). Zwar wird in der Literatur immer 1100 (entsprechend den Ausführungen im vorigen Absatz) als Baujahr der Burg Volmarstein angegeben, es liegt aber nahe, dass diese Burg den Zugang von Köln zu den neuen Besitzungen in und um Werl sichern sollte und daher vermutlich auch erst ab 1102 gebaut wurde.
Nun war der Herrschaftsbereich der Grafen von Werl-Arnsberg stark geschrumpft, aber Südwestfalen gehörte ihnen noch fast vollständig. Mit der Reichsacht über Heinrich den Löwen, Herzog von Sachsen, im Jahr 1180(19)durch Kaiser Barbarossa erhielt der Erzbischof von Köln, Philip I. von Heinsberg(20), den westlichen Teil des Stammesherzogtums Sachsen, Westfalen, und nannte sich nun auch Herzog von Westfalen. Das Stammesherzogtum Sachsen war zerschlagen und der Einfluss des Erzbischofs von Köln auf den westlichen Teil des ehemaligen Stammesherzogtums erreichte seinen Höhepunkt. Doch neue Akteure erstarkten.
Exkurs: Widukind und die Sachsen
Widukind wird in der Literatur immer wieder als sächsischer Herzog und Adeliger bezeichnet, der die Sachsen in ständigen Kriegen gegen die fränkische Besatzung führte. Hierzu muss man wissen, dass es "die Sachsen" als Stamm nicht gab. Die Franken bezeichneten alle Stämme östlich ihres Herrschaftsgebietes bis Nordsee und Elbe als Sachsen. Diese waren nicht christianisiert und hielten an dem heidnischen germanischen Glauben und Ritualen fest. Es handelte sich aber um verschiedene Stämme (die größeren Stämme waren die Westfalen, Engern, Ostfalen und Nordalbingier), jedoch mit durchaus eigenen Interessen, die sich auch untereinander bekriegten. Vermutlich war der einzige einigende Punkt der Glaube an Wodan/Odin, die germanischen Götter mit dem gemeinsamen wohl rein sächsischen Heiligtum der "Irmingsul"(21) sowie der Widerstand gegen die fränkischen Invasoren. Der Irrglaube der Franken, mit einzelnen sächsischen Adeligen (Edelingen) über Frieden für alle "Sachsen" zu verhandeln, war zum Scheitern verurteilt, da die einzelnen Stämme sich nicht von den jeweils anderen vertreten fühlten und weiterhin gegen die angestrebte Oberherrschaft der Franken in den Kampf zogen. Die meisten Edelinge der sächsischen Stämme arrangierten sich allerdings schon früh mit der fränkischen Oberherrschaft, jedoch fühlten sich viele "Frilinge" (freie Männer) von den Franken und den erzwungenen Abgaben (Zehnten) an die christliche Kirche unterdrückt, was regelmäßig zu heftigen Aufständen führte(22,23).
Auch Widukind war vermutlich ein sächsischer Edeling, er war Vorsteher eines sächsischen (hier wohl westfälischen) Gaues im Frieden und ein Heerführer der westfälischen Sachsen im Kriege(24). Er nutzte die Niederlagen Karls an der spanischen Mark geschickt aus, um erfolgreich Aufstände der Westfalen gegen die Franken zu initiieren. Nach erfolgreichen Gegenschlägen der Franken setzte er sich mehrfach ins heutige Dänemark ab. Erst nach seiner Taufe, bei der der Sage nach Karl der Große selbst Taufpate war, ebbten die Aufstände ab. Ob er von Karl in den Stand eines Grafen im Sachsenland eingesetzt wurde(25), könnte ebenfalls im Bereich der Legende liegen, warum sollte ein derart großer Widersacher für seine Taten noch als Amtsträger belohnt werden. Widukind war vermutlich nur vor der Taufe "dux saxonum". Dux bedeutet übersetzt nicht viel mehr als Anführer und war eigentlich nur ein militärischer Rang. In vielen Schriften wird das Wort allerdings als Graf oder Herzog interpretiert. Widukind trug nach seiner Taufe keinen Adelstitel "Herzog". Diesen dürfte er maximal als sächsischer Heerführer geführt haben.
Exkurs: Graf und Herzog
Ein Graf(26) war in fränkischer Zeit ein königlicher Amtsträger, der in einer Verwaltungseinheit (Gau, später Grafschaft) die königlichen Hoheitsrechte ausübte.
Ursprünglich waren Herzöge(27) germanische Heerführer, also jemand der "vor den Kämpfern herzog". Sie wurden für die Dauer eines Kriegszuges von den freien Männern eines Stammes mittels einer Wahl im Rahmen eines Things bestimmt. Üblicherweise wurden Krieger gewählt, die große Erfahrung und hohes Ansehen im Gemeinwesen vorweisen konnten.
Im Frühmittelalter entstanden im Raum des fränkischen Reiches erbliche Stammesherzogtümer und der Titel Herzog wurde zum Adelstitel.
Quellen:
1Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Fränkisches_Reich (zuletzt abgerufen am 31.01.2021)
2G. Dittmar - "Geschichte des deutschen Volkes", Heidelberg 1891, S. 122-125
3Ev. Kirchengemeinde Wengern - "Die Ev. Dorfkirche in Wengern an der Ruhr", Wetter-Wengern 2011, S. 8-9
4Helmut Braun - "Ein Jahrtausend Wengern", Wengern 1968, S 15
5Helmut Braun - "Ein Jahrtausend Wengern", Wengern 1968, S 65
6Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_von_Verdun (zuletzt abgerufen am 31.01.2021)
7Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Ostfrankenreich (zuletzt abgerufen am 31.01.2021)
8Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Lotharii_Regnum (zuletzt abgerufen am 31.01.2021
9Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_von_Meerssen (zuletzt abgerufen am 31.01.2021)
10Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_III._(Ostfrankenreich) (zuletzt abgerufen 05.02.2021)
11F. J. Mehler - "Geschichte der Stadt Werl", Werl 1891, S 38
12Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Stadt_Dortmund (zuletzt abgerufen 07.02.2021)
13Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Billunger (zuletzt abgerufen 07.02.2021)
14Helmut Braun - "Ein Jahrtausend Wengern", Wengern 1968, S 36
15Dr. Otto Schnettler - "Alt-Volmarstein", Hagen 1961, S. 12
16Wilhelm Wattenbach - "Die Kölner Königschronik, nach der Ausgabe der Monumenta Germaniae, übersetzt von Dr. Karl Platner". Zweite Auflage. Leipzig 1896 ,S. 8
17Verzeichnis der Bischöfe und Erzbischöfe von Köln - https://www.erzbistum-koeln.de/erzbistum/erzbischof/amtsvorgaenger/liste/ (zuletzt abgerufen 07.02.2021)
18Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Liupold_(Werl) (zuletzt abgerufen am 07.02.2021)
19Karl Jordan - "Heinrich der Löwe" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 388-391 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118548336.html#ndbcontent (zuletzt abgerufen 07.02.2021)
20Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Philipp_I._von_Heinsberg (zuletzt abgerufen 07.02.2021)
21Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Irminsul (zuletzt abgerufen am 01.02.2021
22Dr. David Müller -"Geschichte des deutschen Volkes in kurzgefasster übersichtlicher Darstellung zum Gebrauch an höheren Unterrichtsanstalten und zur Selbstbelehrung", Berlin 1890, S. 51-56
23G. Dittmar - "Geschichte des deutschen Volkes", Heidelberg 1891, S. 118-120
24Jos. Dettmar - "Der Sachsenführer Widukind nach Geschichte und Sage", Würzburg 1879, S. 20f.
25Jos. Dettmar - "Der Sachsenführer Widukind nach Geschichte und Sage", Würzburg 1879, S.45f.
20Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Graf (zuletzt abgerufen 13.12.2021)
21Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Herzog (zuletzt abgerufen am 13.12.2021)
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