Johann Heinrich Daniel Kamp

 

Heinrich Kamp wurde am 08. November 1786 in Baerl bei Moers geboren und am 13. November 1786 auf den Namen "Johann Heinrich Daniel Kamp" evangelisch-reformiert getauft. Sein Vater war der reformierte Prediger Daniel Kamp (1757-1822), seine Mutter hieß Maria Katharina Gertrud Königs. Sie starb am 28. August 1787 als Heinrich gerade 9½ Monate alt war.

Sein Vater stammte aus Boslar bei Lövenich und wurde reformierter Pfarrer in Jüchen und Baerl. 1789 erhielt er den Ruf an die reformierte Gemeinde in Elberfeld (heute Wuppertal). Hier heiratete er 1792 seine zweite Frau Anna Christina Wilhelmine Noot (1770-1801). Heinrich Kamp wuchs daher in Elberfeld auf und hatte dort noch 7 Halbgeschwister.

• Charlotte (1789 unehelich -1873) ∞ Johann Gottlieb Nourney (1794-1880), reformierter Prediger
Maria Anna Luisa (1793-1794)
Johanna Sophia Adelheid *1796, †
Elisabeth Gertrud Agnes (1797-1866) ∞ August Trappen (1802-1867), Seifenfabrikant (Eltern von Alfred Trappen)
Johanna Charlotte Wilhelmina *1798, †
Werner †
Reinhard †

Seine Ausbildung zum Kaufmann erfolgte u.a. im Bankhaus seines späteren Schwiegervaters, "J.H. Brink & Co.". Auch in einem Handlungshaus in Glasgow (England) wurde er von seinem Großvater Königs zur Ausbildung geschickt. Von dort kam er mit großen Ideen zurück, die ihn dann auch in den Kreis um Jacob Aders führten.

Er heiratete am 28. Septempber 1808 in Elberfeld Henrietta Brink (*1783 in Elberfeld). Sie war die Tochter von Johann Heinrich Brink (1743-1817), Gründer des Elberfelder Bankhauses "J.H. Brink & Co" und der Maria Elisabeth Honsberg (1744-1820). Lt. seinem Vetter, dem Antwerpener Großkaufmann Johann Heinrich Königs, wohnte er im sogenannten "Wunderbau" zu Elberfeld. Zusammen hatten sie 14 Kinder, die alle in Elberfeld geboren wurden:

Emilie * 19.06.1809, † 21.01.1871 in Wetter (Ruhr) ∞ am 06.09.1827 Julius Blank (1803-1865), Kaufmann, Direktor der Firma Kamp & Co.in Wetter (Ruhr)
Mathilde * 19.08.1810, † 17.02.1833 Elberfeld    ∞ am 14.05.1830 in Elberfeld Dr. med. August Bernhard Diedrich Tietzel (1802-1851)
Heinrich Otto * 16.11.1811, † 19.11.1879 in Köln
Hermann * 08.11.1813, † 03.09.1901 ∞ am 08.11.1840 in Hagen Pauline Moellenhoff (1820-1892)
Heinrich Walter *19.05.1915, † 22.01.1877 in Elberfeld
Maria Adelgunde * 17.06.1816, † 11.09.1817 in Elberfeld
Maria Elisabeth * 08.07.1818, † 24.02.1897 in Dessau ∞ am 26.04.1842 in Köln den Freiherrn Ernst Schuler von Senden (1812-1899), preußischer Generalleutnant
Helene Auguste * 11.10.1819, † 17.10.1819 in München ∞ am 08.07.1839 in Königskamp Gustav Robert Gruber (1806-1886)
Ernst Hugo * 02.07.1821, † 22.07.1887 in Köln ∞ am 31.08.1846 in Koblenz Elisabeth Bernhardine Gertrude Garenfeld (1821-1885)
Ida Otilie * 02.06.1821, † 24.07.1822 in Elberfeld
Henriette Ida Cäcilie * 21.01.1823, † 08.05.1888 in Köln ∞ am 21.08.1852 in Köln Carl Heinrich Garenfeld (1820-1876)
Gustav Adalbert * 14.06.1824, † 17.11.1883 Köln
Heinrich Alfred * 27.02.1826, † 06.08.1894 Wiesbaden ∞ am 22.03.1855 in Messina auf Sizilien Louise Jaeger (1833-1914)
Heinrich Eugenius * 03.06.1829, † 03.12.1832 in Elberfeld

 

Er wurde Teilhaber des von seinem Schwiegervater geführten Bankhauses. Am 29. September 1818 unterschrieb er den Gründungsvertrag für die "Mechanische Werkstätte Harkort und Co." zusammen mit Friedrich Harkort. Harkort lernte er im Hause seines Schwagers Jakob Aders kennen. Da sowohl Kamp als auch Aders Teilhaber der Bank "J.H. Brink und Co" waren nutzten sie ihren Einfluß auf die Bank, die großzügige Kredite für die neue Firma zur Verfügung stellte. Auch Kamp selbst beteiligte sich mit 10.000 Thalern Eigenkapital. Kamp war als Teilhaber der Bank nicht unvermögend, als sein Großvater Johann Heinrich Königs mütterlicherseits am 28.04.1819 verstarb konnte er sein Vermögen durch Erbschaft von über 1 Millionen Franken und einigen Gütern (u.a. das Carthäuser Gut, früher zum Karthäuserkloster Vogelsang gehörend) noch erheblich erhöhen, so dass er auf einen wirtschaftlichen Betrieb der Mechanischen Werkstätte grundsätzlich nicht angewiesen war.

Schon 1816 war er Stadtrat und Beigeordneter in Elberfeld, legte aber diese Ämter 1822/23 wegen eines Streits mit dem Elberfelder Oberbürgermeister nieder. Er blieb aber Vorsteher der Elberfelder Börse. An der "Rheinisch-Westindischen Kompagnie" beteiligte er sich 1821 und im Jahr 1822 gründete er in Elberfeld die "Vaterländische Feuerversicherungs-Gesellschaft". 1824 gründete er den "Deutsch-Amerikanischen Bergwerksverein" und wurde als Abgeordneter für Elberfeld in den Rheinischen Landtag nach Düsseldorf entsandt. 1827 wurde er Deputierter des Provinzial-Landtages in Berlin. Im Jahr 1830 wurde er der erste Präsident der Handelskammer Elberfeld-Barmen und 1833 wurde er Präsident des "Elberfelder Komitees für den Rhein-Weser-Eisenbahnbau".

1827 erhielt er mit dem Roten Adler Orden 3. Klasse.

Kamp war ursprünglich nur als Geldgeber für die Firma "Harkort & Co." tätig, Harkort übernahm ansonsten die gesamten geschäftlichen Angelegenheiten. Ab 1832 wurden die finanziellen Verhältnisse von Harkort und auch die der Mechanischen Werkstätte immer prekärer. Auch wenn Kamp nicht auf die Rentabilität angewiesen war, so war er doch Kaufmann. Die rein technische Entwicklung, auf die Harkort sich konzentrierte ohne auf Rentabilität zu achten, sorgte zunehmend zu Unstimmigkeiten zwischen beiden Partnern. So entschloß sich Kamp, die "Mechanische Werkstätte Harkort & Co" zur Sicherung seiner Einlagen und der Kredite der Bank "J.H. Brink & Co." zu übernehmen. Insbesondere die hohe Schuldenlast Harkorts sorgte für einen schrittweisen Verkauf von Harkorts Anteilen an dem Unternehmen an Heinrich Kamp.

Das Hammerwerk wurde am 01. Juli 1832 für einen Wert von 42.400 Thaler von Kamp übernommen, die Gießerei und die Hütte in Wetter im November 1833 für 20.000 Thaler und die Mechanische Werkstätte selbst zum 31. Januar 1834 für 23.600 Thaler. Zwischenzeitlich wurden ihm auch die Henriettenh4ütte in Rüblinghausen für 29.435 Thaler und Harkorts Eisensteingruben für 5.110 Thaler überschrieben. Am 15. Januar 1835 wurden die Restverbindlichkeiten von Harkort, die er an Kamp zu zahlen hatte vertraglich auf 11.400 Thaler festgelegt. Harkort konnte davon 3.400 Thaler zahlen, für den Restbetrag von 8.000 Thalern setzte Kamp eine Zahlungsfrist bis 1843 fest. Als Sicherheit ließ Harkort die Schuld auf seine gesamten in der Gemeinde Wetter gelegenen Besitzungen eintragen und verpfändete seine Anteile an Bergwerksunternehmen. Die Summe wurde jedoch erst durch Vergleich mit Kamp's Erben im Jahr 1864 getilgt.

Am 23. Januar 1834 endete seine Amtszeit als Präsident der Handelskammer aufgrund seines Umzuges nach Hambach. Er war im Sommer 1833 mit der Familie auf das von seinem Großvater erworbene Landgut des ehemaligen Karthäuser Klosters gezogen, dass er lt. seinem Vetter zu Ehren seines Onkels und seines Großvaters um 1830 in "Königskamp" umbenannte. Hier zog er mit großem Pomp ein, mit seinen Kindern, Hauslehrer, großer Dienerschaft, 18 Pferden und 27 Wagen.

Ab dem 01. Februar 1834 firmierte die Mechanische Werkstätte in Wetter unter dem Namen "Kamp & Co". Heinrich Kamp zog für einige Monate nach Wetter und bezog eine der Wohnungen des ehemaligen Oberbergamtes um die Firma im Blick zu haben und auf Rentabilität zu "trimmen". Auch wies er seine Sohne Otto und Hermann in die Leitungsaufgaben ein, die er ihnen  später übergeben konnte.

Anfang der 1840 Jahre siedelte er nach Köln, denn er wurde von 1839 bis 1847 der erste Direktor der "Feuerversicherungs-Gesellschaft Colonia".

1842 trat sein Schwiegersohn Julius Blank in die Firma "Kamp & Co" ein.

1849 entsandte ihn die Stadt Köln als einen ihrer beiden Vertreter in das preußische Herrenhaus nach Berlin, dem er bis zu seinem Tode angehörte.

Er starb am 16. Februar 1853 in Berlin und wurde dort auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof vor dem Halleschen Tor begraben. Das Grabkreuz wurde in der Firma Kamp & Co. in der Burg Wetter gefertigt.

Heinrich Kamp lebte auf "großem Fuß". Sein Onkel Johann Diedrich Königs, Lederfabrikant in Jülich, warnte ihn oft davor, dass er zuviel unternehme: Maschinenbau, Spinnerei, Seifenfabrik, 7 Landgüter etc. ließen sich mit seinem Luxusleben nur schwer überein bringen. Neben dem Vermögen seines Großvaters hatte auch seine Frau ein fast ebenso großes Vermögen aus dem Bankhaus ihres Vaters mit in die Ehe eingebracht. Durch seinen Lebenswandel schmolz das Vermögen in Laufe der Zeit dahin. Aber auch hohe Verluste aus seinen Beteiligungen u.a. am Amerikanischen Bergwerksverein (mit mexikanischen Silberminen) und aus den Werken in Wetter liessen am Ende nicht mehr viel übrig, so dass er seinen vielen Kindern nur noch ein vergleichsweise kleines Erbe hinterlassen konnte.

In Wetter (Ruhr) erinnert noch die Heinrich-Kamp-Straße im Schöntal an ihn.

 

 

 

Exkurs

Familie Brink

Johann Heinrich Brink stammt von "Auf dem Brink" bei Ennepetal-Voerde. In der Literatur gibt es neben der Schreibweise Brink auch die Schreibweise Brinck für die Familie, was durchaus zu Irritationen führt. Ich verwende hier nur "Brink."

 

Karthäuserkloster Vogelsang

Das Karthäuser Kloster Vogelsang bei Hambach wurde nach Beginn der Franzosenzeit um 1794 von den Mönchen verlassen. Einige kehrte wenige Jahre später zurück und führten den Klosterbetrieb unter erschwerten Bedingungen weiter. 1802 wurde das Kloster endgültig durch die Franzosen geschlossen und in ein Landgut umgewandelt. Johann Heinrich Königs ersteigerte das "Carthäuser Gut" am 15. Juni 1818 für 6.250 Thaler und vererbte es seinem Enkel Heinrich Kamp. Dieser benannte es um 1830 zu Ehren seines Großvaters in "Gut Königskamp" um. Der Name soll sich angeblich aber nicht auf die Nachnamen seiner mütterlichen und väterlichen Familie Königs und Kamp beziehen.(5)

 

Franken

Der Franken (Franc) war eine Währungseinheit in Frankreich. Er wurde während der französischen Revolution am 15. August 1795 zur nationalem Währung in Frankreich und damit auch in den von Frankreich eroberten Gebieten. Er war in Europa die erste Währung mit Dezimalsystem. In den linksrheinischen Gebieten wurde auch nach der Wiedereingliederung nach Preußen oft noch in Franken gerechnet. Ein Franken aus dem Jahr 1803 hätte heute eine Kaufkraft von ca, 2,06 Euro. Kamp hätte demnach etwas mehr als 2 Millionen Euro geerbt.

 

 

Quellen:

1Reulecke, Jürgen, "Kamp, Heinrich" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 87 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd128964294.html#ndbcontent (zuletzt abgerufen am 10.07.2022)
2Conrad Matschoss, Ein Jahrhundert Deutscher Maschinenbau von der Mechainischen Werkstätte bis zur Deutschen Maschinenfabrik 1819 - 1919, 2. erweiterte Auflage, Springer-Verlag Berlin-Heidelberg 1922
3Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Kamp (zuletzt abgerufen 11.07.2022)
4Martin Schumacher und H. Königs, "Erinnerungen des Antwerpener Grosskaufmanns Heinrich König 1816-1901" in Tradition: Zeitschrift für Firmengeschichte und Unternehmenbiographie, 12. Jg, Heft 3 Juni1967, S. 427-437
5Jacob Offermann, "Geschichte der Städte, Flecken, Dörfer, Burgen u. Kloster in den Kreisen Jülich, Düren, Erkelenz, Geilenkirchen und Heinsberg, nebst statistischen Angaben" Linnich 1854 S. 53

Wetter a. d. Ruhr
Wetter a. d. Ruhr (Freiheit mit reformierter Kapelle und der "Mechanischen Werkstätte" Kamp & Co.)
Stahlstich (coloriert) von der Carl Mayer Kunstakadamie aus Nürnberg um 1890 nach einer Zeichnung von Carl Schlickum (zwischen 1848 und 1852 gemalt)

 

 

Geschichte(n) aus und über Wetter an der Ruhr

 

Wetter an der Ruhr ist eine Stadt, die mit ihren heutigen Stadtteilen Alt-Wetter, Volmarstein, Wengern und Esborn, einen Teil der Geschichte des Ruhrgebietes ausmacht, ja eigentlich zu den Ursprungsstätten des Ruhrgebietes zählt.

Aus der Geschichte der Wetteraner Stadtteile siehe Beitrag: Wetter an der Ruhr.

 

 

Warum heißt unser Ort Wetter und was bedeutet dieser Name?

Zuallerst: Man weiß es nicht!

Es gibt viele Erklärungsversuche dazu und ein paar möchte ich hier vorstellen und bewerten. Sicher ist nur, dass der Name urkundlich erstmals um 1215 mit den Edlen Brüdern Bruno und Friedrich de Wettere erscheint.

 

Das Wetter (meteorologisch)

Das Wetter ist gezeichnet von sonnigen, regnerischen, stürmischen Zeiten, vom schönen und vom schlechten Wetter. Das Wetter gibt es überall, nicht nur hier am Ruhrbogen im Ruhrtal und es ist hier auch nicht besonders schön oder sonnig, auch nicht besonders schlecht, regnerisch oder stürmisch. Das Wetter ist hier am Ruhrbogen für diesen Breitengrad in Mitteleuropa normal, ohne Extreme und ohne Besonderheiten. Den Ort somit nach "dem" Wetter zu benennen macht keinen Sinn und man kann diese Erklärung wohl ausschließen.

 

Windig (auch meteorologisch)

Der Dipl.-Met. Marcus Beyer vom Deutsche Wetterdienst leitet den Namen aus dem althochdeutschen Wort "weter" für "Wind, Wehen" ab(1). Insofern also auch meteorologisch. Lt. Wikipedia wurde Althochdeutsch früher südlich ab etwa Benrath gesprochen(2). Die Stadt Wetter liegt jedoch nördlich einer gedachten Benrather Linie und hätte daher eher in einem Gebiet gelegen, in dem altniederländisch oder altsächsisch gesprochen wurde. Die Begriffserklärung ist zwar nicht ausgeschlossen, man kann sich aber fragen, ob es auf dem Gebiet von Alt-Wetter windiger war, als in der Umgegend und sich dieser Name dadurch rechtfertigt. Wohl eher nicht.

 

Schlagwetter (bergmännisch)

Seit vielen hundert Jahren wird in dieser Gegend Kohle abgebaut. Nun könnte man auf die Idee kommen, unser Ortsname hätte mit dem Bergbau zu tun. Im Bergbau gibt es das sog. "Schlagwetter" oder "schlagende Wetter". Dies bezeichnet eine Explosion eines besonderen Gasgemisches aus Methan und Luft, welches durch einen Funken (z.B. einer Grubenlampe) zur Entzündung gebracht wird. Es gibt allerdings zwei Fakten, die dagegen sprechen:
a) Der Bergbau fand zu damaliger Zeit eigentlich auf der gegenüberliegenden Ruhrseite statt (Schlebusch, Esborn, Sprockhövel etc.). Auf dem Gebiet des heutigen Stadtteils Alt-Wetter, der bis 1970 die Stadt Wetter alleine bildete, gab es vor dem 19. Jahrhundert keinen nachweisbaren Bergbau.
b) Der Bergbau im Sinne von Gruben, in denen Schlagwetter vorkommen kann, wurde zu der Zeit, als "Wettere" um 1215 erstmals urkundlich vorkommt in dieser Gegend gar nicht betrieben. Der Kohleabbau fand hier, wenn überhaupt, nur oberirdisch in sogenannten Pingen statt. Eine Grubentätigkeit gab es nicht.
Dieser Erklärungsversuch scheidet also schon aus diesen beiden Gründen aus.


Scharf (geologisch)

Eine andere Erklärung des Wortes "Wettere" versucht Jürgen Udolph in seinem Buch "Namenkundliche Studien zum Germanenproblem"(3,4). Er stellt auf den germanischen Wortstamm "watheri"(5) ab und leitet diesen aus dem altsächsischen Wort "hvat" (scharf, Bsp.: scharfe Bodenerhebung, scharfer Grat) ab. Er begründet es mit einer Erhebung bei oder um den Ort, denn der Ort wurde "oppidum in wettere" (= Ort in Wetter / Ort auf Wetter) genannt. Zweifel, die Leopold Schütte bzgl. der Herleitung von "watheri" hat, konnte ich bisher nicht nachlesen.
Man könnte die Felserhöhung, auf der Burg und Freiheit Wetter angelegt sind, als scharfen Grat bezeichnen, wenn man ihn vom östlichen Teil des Ruhrbogens (heute Harkortsee) aus betrachtet. Die anschließende Ebene, die sich von hier wie eine schiefe Ebene zur flußabwärts liegenden westlichen Seite des Ruhrbogens (also auch zum Wasser hin) ergibt, könnte diesen Eindruck verstärken. Die linguistische Herleitung von "watheri" aus "hvat" müsste hier ein Sprachforscher allgemeinverständlich erklären können.

 

Wache oder Wachturm (historisch)

Im "Wörterbuch der deutschen Sprache" aus dem Jahr 1865 wird das Wort "watheri" zwar auch dem althochdeutschen zugesprochen, aber mit dem Begriff "Wächter" in Zusammenhang gebracht(6). Unter der Voraussetzung, dass sich "Wettere" aus "watheri" entwickelt hat (sollte auch ein Sprachforscher linguistisch erläutern), hatte der Ort die Funktion eines Wächters gehabt. Bringt man dieses Wissen mit der sächsischen "Sigiburg" (heute Hohensyburg) und Karl dem Großen fast 350 Jahre vor 1215 in Verbindung, könnte auf des Gebiet des heutigen Alt-Wetter eine Wache / Wächter gewesen sein, vielleicht sogar ein Wachturm gestanden haben, der die Sachsen in und um die "Sigiburg" vor an der Ruhr vorrückenden Feinden (damals wohl den Franken) warnen sollte. Erklären muss man dann, warum der Ort jetzt doch althochdeutsch statt altsächsisch benannt wurde: das Gebiet wurde zur Zeit Karls des Großen ins Frankenreich integriert, vermutlich auch sprachlich. Der Name "Wettere" taucht ja auch erst fast 350 Jahre später (im Jahr 1215) auf. Dies ist aufgrund fehlender archäolgischer Funde zugegebenermaßen Spekulation.

Sicher sind die letzten beiden Erläuterungen stimmiger, so dass man sich auf eine dieser beiden einigen könnte, trotzdem gilt meine eingangs gemachte Erläuterung: Man weiß es nicht! Es gibt sicher auch viele weitere sinnvolle Erklärungsversuche, die ich leider nicht kenne aber gerne vorstelle, sobald sie mir bekannt werden.

 

 

Wetter oder Wetter (Ruhr)?

Seit der Gemeindereform zu Beginn des Jahres 1970 heißt die Stadt offiziell "Wetter (Ruhr)". Davor nannte sich der Ort offiziell "Wetter an der Ruhr". wobei auch "Wetter" alleine gebräuchlich war und ist. Wetter ist für einen Ortsnamen nicht einzigartig, so gibt es z.B. eine Stadt Wetter in Hessen und auch ein Dorf (Weiler) Wetter bei Osnabrück. Als im Jahre 1849 unser Bahnhof eingeweiht wurde, hieß die Bahnhofsstation nur "Wetter". Mit Eröffnung einer Bahnstation in Wetter (Hessen) wurde der Stationsname 1890 in "Wetter (Ruhr)" umbenannt.

Verordnungsblatt für Eisenbahnen und Schiffahrt 1890, Seite 1445:
"Änderung von Stationsnamen: Die im Directionsbezirk Elberfeld an der Bahnstrecke Hagen - Witten belegene Station Wetter erhält fortan zur Unterscheidung von der am 1. Juli eröffneten Station Wetter (Hess.-Nass.) der Strecke Sarnau - Frankenberg, den Namen Wetter (Ruhr)."

 

 

Wie entstand die neue Stadt Wetter (Ruhr)?

Gesetz zur Neugliederung des Ennepe-Ruhr-Kreises

Mit dem NRW-Landesgesetz zur Neugliederung des Ennepe-Ruhr-Kreises vom 16.12.1969(7) wurden die Gemeinden Esborn, Volmarstein und Wengern des Amtes Volmarstein mit der Stadt Wetter an der Ruhr zur neuen Stadt Wetter (Ruhr) vereinigt. Kleinere Gebiete der Gemeinden Silschede und Berge (ebenfalls Amt Volmarstein) wurden mit eingegeliedert.

Das bisherige Amt Volmarstein, bestehend aus dem Gemeinden Asbeck, Berge, Esborn, Silschede, Volmarstein und Wengern, wurde zum 31.12.1969 aufgelöst. Die drei verbliebenen Gemeinden Asbeck, Berge und Silschede wurden in die Stadt Gevelsberg eingegliedert.

Das Gesetz trat zum 1. Januar 1970 in Kraft. Seit diesem Zeitpunkt hat Wetter (Ruhr) vier Stadtteile: Alt-Wetter, Esborn, Volmarstein und Wengern.

 

Sparkasse Wetter

Ferner bestimmte das Gesetz, dass die "Stadtsparkasse Wetter (Ruhr)" und die "Amtssparkasse Volmarstein" bis zum 1. Januar 1971 vereinigt werden mussten. Die Geschäftsstellen Berge und Silschede der Amtssparkasse Volmarstein wurden in diesem Zuge der "Stadtsparkasse Gevelsberg" angegliedert. Es gab auf dem Gebiet von Wetter (Ruhr) also ab 1971 nur noch die "Stadtsparkasse Wetter (Ruhr)".

Am 1. Juni 2017 fusionierten die "Stadtsparkasse Wetter (Ruhr)" und die "Stadtsparkasse Gevelsberg" zur "Sparkasse Gevelsberg-Wetter"(8). Die Stadt Gevelsberg hielt einen Anteil von 75% und die Stadt Wetter (Ruhr) einen Anteil von 25% an der gemeinsamen Zweckverbandssparkasse.


Mit einem öffentlich-rechtlichem Vertrag der Städte Gevelsberg, Ennepetal, Wetter (Ruhr) und Breckerfeld vom 6. Oktober 2021 fusionierten die "Sparkasse Gevelsberg-Wetter" und die "Sparkasse Ennepetal-Breckerfeld" mit Wirkung vom 1. Januar 2022 zur "Sparkasse an Ennepe und Ruhr".(9) Die Stadt Gevelsberg hält seit dem einen Anteil von 50 %, die Stadt Ennepetal einen Anteil von 26,6 %, die Stadt Wetter einen Anteil von 16,7 % und die Stadt Breckerfeld einen Anteil von 6,7 % an der neuen gemeinsamen Zweckverbandssparkasse.(10)

 

Kurzgeschichte der einzelnen Sparkassen(11):

  • Wetter: Die "Stadtsparkasse Wetter" wurde am 09. Juni 1852 gegründet (am 14. Juli 1852 wurde das Statut durch den Oberpräsidenten von Westfalen genehmigt) und nahm am 16. Januar 1853 in der Wohnung des Lehrers Frielinghaus in der Freiheit-Schule (Königstraße) den Betrieb auf.
  • Ennepetal: Am 8. Dezember 1856 wurde die "Sparkasse zur Enneperstraße" für Milspe und Voerde gegründet. Sie bildete ab 1857 mit der "Sparkasse zu Gevelsberg" den Zweckverband Gevelsberg/Amt Ennepe. 1868 schied Voerde aus dem Amt Enneperstraße aus und es wurde das Amt Voerde gebildet. Voerde gründete umgehend eine eigene "Sparkasse Voerde" und schied Ende 1868 aus dem Zweckverband aus, der Anfangs noch aus Milspe und Gevelsberg bestand. Am 1. April 1949 wurde die "Sparkasse Voerde" in "Sparkasse Ennepetal" umbenannt und übernahm zum 1. Januar 1950 die mittlerweile zur "Sparkasse zu Gevelsberg des Amtes Ennepe" gehörende Zweigstelle Milspe.
  • Gevelsberg: Am 10. September 1857 als "Sparkasse zu Gevelsberg des Amtes Ennepe" gegründet und 1950 in "Stadtsparkasse Gevelsberg" umbenannt.
  • Volmarstein: Die "Amtssparkasse Volmarstein" wurde am 16. März 1872 gegründet und nahm am 14. November des gleichen Jahres in Wengern den Betrieb auf. 1895 schied die Gemeinde Bommern aus dem Amt Volmarstein aus und gründete 1897 eine eigene Sparkasse. Am 01. Mai 1900 verlegte die "Amtssparkasse Volmarstein" ihren Sitz von Wengern nach Volmarstein.
  • Breckerfeld: Am 1. Juli 1884 wurde die "Sparkasse der Stadt- und Landgemeinde Breckerfeld" gegründet. Zum 1. Januar 1976 fusionierte die "Sparkasse Breckerfeld" mit der "Sparkasse Ennepetal" zur "Sparkasse Ennepetal-Breckerfeld".

 

Wappen

 Wappen der Stadt Wetter bis 1969Wappen des Amtes VolmarsteinWappen Stadt Wetter (Ruhr)

 

Erläuterungen zu den Wappen

Das rote Schachbrett ist Teil des Wappens der Grafschaft Mark (8 mal 3 Felder groß), zu der die Ämter Wetter und Volmarstein gehörten. In das neuen Wappen der Stadt Wetter (Ruhr) wurde dieses mit 6 mal 3 Feldern übernommen.

Das über dem Schachbrett positionierte "W" (für Wetter) im alten Wappen von Wetter wurde im neuen Wappen als stilisierte Burgzinnen für die Burg und Freiheit Wetter übernommen.

Die roten Lilienblätter des Wappens für das Amtes Volmarstein waren Teil des Wappens der Ministerialen, später Grafen von Volmestein und wurde auch von den Grafen von der Recke-Volmestein in ihrem Wappen benutzt. Im neuen Wappen der Stadt Wetter Ruhr wurden die Lilie feiner zisiliert unter das Schachbrett übernommen. Im Volksmund werden die Lilienblätter als Eselsohren bezeichnet; Hintergrund dieser Bezeichnung ist, dass in Volmarstein aufgrund der steilen Wege früher häufig der Esel bzw. das Maultier als Lasttier anzutreffen war.

 

 

Quellen

1Dipl.-Met. Marcus Beyer, Ortsnamen und Wetter vom 03.07.2016 auf der Webseite https://14-tage-wettervorhersage.de/news/thema/160703/ (abgerufen am 28.04.2021)
2Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Althochdeutsche_Sprache (abgerufen 28.04.2021)
3Jürgen Udolph, Namenkundliche Studien zum Germanenproblem, Verlag Walter de Gruyter, Berlin 1994, S. 194
4Kirstin Casemir und Jürgen Udolph, Wesfälisches Ortsnamenbuch (WOB), Band 5, Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2013, S. 221
5Prof. Dr. Ernst Förstemann, Altdeutsches Namenbuch, 2. Band Ortsnamen, Zweite völlig neue Bearbeitung, Verlag Ferdinand Förstemann, Nordhausen 1872, S. 1564
6Dr. Daniel Sanders, Wörterbuch der deutschen Sprache mit Belegen von Luther bis auf die Gegenwart, 2. Band 12. Lieferung, Verlag Otto Wigand, Leipzig 1863, S. 1439
7https://recht.nrw.de (zuletzt abgerufen 27.09.2020)
8Susanne Schlenga, Sparkassen Wetter und Gevelsberg fusionieren, Artikel in Internetportal DER WESTEN vom 18.11.2016 (zuletzt abgerufen 27.09.2020)
9SparkassenZeitung, Fusion eröffnet zusätzliche Spielräume, Artikel vom 19.10.2021 (zuletzt abgerufen 31.12.2021)
10Stefan Scherer, Ennepe-Ruhr-Kreis: Mächtige Sparkassen-Fusion ist besiegelt, Artikel in der Westfalenpost vom 07.10.2021 zuletzt abgerufen 31.12.2021)
11Hartmut Breyer, Sparkasse an Ennepe und Ruhr: Häuser schon früher verbunden, Artikel in der Westfalenpst vom 30.12.2021 (zuletzt abgerufen 31.12.2021)

Friedrich Harkort
Zeichner: unbekannt - Quelle: Werner Walz: Erlebnis Eisenbahn. Motorbuch-Verlag, 1977 - Lizenz: gemeinfrei (Wikipedia)



Friedrich Wilhelm Harkort

(1793 - 1880)

und die Mechanischen Werkstätten

 

Die Geschichte von Wetter'schen Firmen.

Wetter an der Ruhr