Die REME in Wetter

Die REME war ein britischer Besatzungsbetrieb nach dem 2. Weltkrieg, in dem für die Rheinarmee der britischen Royal Army hauptsächlich Räder- und Kettenfahrzeuge repariert und gewartet wurden. Das Gelände beherbergte die REME und das RAOC (Erläuterung siehe nächste Absatz). Nach dem "Zwei plus Vier"-Vertrag vom 12. September 1990 wurde das Werk in Wetter (Ruhr) zum 31. März 1994 endgültig aufgegeben.

 

  

Die Geschichte der 23 Base Workshop REME

 

Der Vorläufer der REME: das RAOC

Vorläuferorganisationen des RAOC (Royal Army Ordnance Corps) bestanden schon, als noch Pfeile und Bogen an die englischen Truppen ausgegeben wurden. Die Anfänge liegen im 13. und 14. Jahrhundert bei einer zivilen Verwaltung mit Lagerhaltung und Handwerkern, dem „Board of Ordnance“. Im Jahre 1694 wurde diesem Board of Ordnance durch eine königliche Verfügung sogar gestattet eigene Seeschiffe mit roter Flagge und eigenem Wappen zu führen. Das Wappen zeigte 3 Kanonen und 3 Kanonenkugeln.

1855 wurde die königliche Verfügung für das „Board of Ordnance“ als ungültig erklärt, die Organsation jedoch nicht aufgelöst. Schon 1857 entstand, wieder durch eine königliche Verfügung, aus dem „Board of Ordnance“ das „Military Store Department“. Es war immer noch eine eigentich zivile Einrichtung. Erst 1865 wurde aus dem „Military Store Department“ das „Military Store Staff Corps“ gebildet, welches Freiwillige aber auch Militärpersonal (insbesondere durch Versetzungen aus anderen Armeecorps) rekrutierte. Weitere Namensänderungen folgten dann kurz aufeinander, erst in „The Army Ordnance Department“ (bis 1895), dann in „The Army Ordnance Corp“ (1896 – 1918) und ab 1918 in das heute noch bestehende das „Royal Army Ordnance Corps“. Erst jetzt wurde es ein rein militärisches Corps und es entstand eine militärische Hierarchie mit Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften.

Während bis 1896 wurde vorwiegend die Heeres- und Marineausrüstung gelagert, gewartet, repariert und manchmal auch neu hergestellt wurde, wurden ab 1896 die Werkstätten der anderer Truppenteile (z.B. der Artillerie) kurzfristig eingegliedert.

Im Laufe der Jahre wurde dieses Corps dann immer größer und unübersichtlicher. Mit dem Aufkommen von motorisierten Armeefahrzeugen und technisch ausgefeilteren Waffen wurden auch die Aufgaben immer anspruchsvoller. Eine Trennung zwischen Lagerhaltung und Wartung bzw. Reparatur wurde erforderlich. Noch im 2. Weltkrieg wurde dann eine Teilung und Neuorganisation vorgenommen. Das RAOC sollte zukünftig nur noch die Verwaltung und Lagerung der Ausrüstung und der für die Reparatur und ggf. Herstellung erforderlichen Materialien übernehmen.

Mit Ausnahme von Verpflegung, Treibstoffen und Arzneimitteln wird auch heute noch vom RAOC fast alles verwaltet und gelagert, z.B. Bekleidung, Waffen, Munition, Fahrzeuge, Drucksachen, Formulare, Chemikalien, alle Arten von technischen Gerätschaften usw.

 

Die REME bis zum 08. Mai 1945 (Kapitulation des Deutschen Reiches)

Wie oben ausgeführt wurden bis 1941 die Waffen der britischen Streitkräfte beim RAOC gewartet, repariert und teilweise auch neu gebaut. Unterstützt wurde es dabei von den RE (Royal Engineers), den R Signals (Royal Signals) und dem RASC (Royal Army Service Corp). Auf Grundlage der neuen Strukturüberlegungen wurde dann bereits Ende 1941 erstmal vorläufig das Corp der Royal Electrical and Mechanical Engineers (REME) - Korps der königlichen Instandsetzungstruppen - in Palästina gebildet. Die offizielle Gründung erfolgte dann zum 1. Oktober 1942. Ein Großteil der benötigten Arbeiter wurde vom RAOC übernommen, aber auch Arbeiter des RE und des RASC wurden beschäftigt. Die REME wurde in mehreren Werkstatt-Corps gegliedert. Uns geht es hier um die in Wetter stationierte 23. Base Workshop REME.

Zuerst als 503 Advanced Base Workshop zog das Corps Anfang 1942 zusammen mit einer amerikanischen Kompagnie in das im 2. Weltkrieg von Deutschen und Italienern belagerte Tobruk in Libyen. Die Amerikaner blieben bis 1943 der REME angegliedert. Von dort wurde es kurz darauf zurück zum Suez-Kanal verlegt um anschließend nach Tel-El-Kebir (nördlich von Kairo, Ägypten) beordert zu werden. Seine erste Bewährungsprobe bestand das Corps 1942 in der 2. Schlacht von El Alamein (Ägypten) gegen die Deutsche Wehrmacht durch die schnelle und zuverlässige Reparatur der beschädigten Fahrzeuge. Nach dem das deutsche Nordafrika-Korps unter Rommel besiegt war, wurde das Corps in eine italienische Kavallerie-Kaserne nach Benghazi (Libyen) verlegt. Dort verblieb es bis 1944 und reparierte in der Wüste zurückgelassene Fahrzeugwracks. In Benghazi wurde nun eine große Anzahl italienischer Kriegsgefangener beschäftigt.

Nach Beginn der Invasion der Alliierten Truppen in der Normandie landete am 20. September 1944 das nun wieder rein britische Corps, jetzt unter dem Namen 23 Advanced Workshop im Brückenkopf von Arramonches (Arramonches-les-Bains, Frankreich) und zog von dort nach Arras (Frankreich), wo es bis Juli 1945 stationiert war. Hier wurden auch französische Arbeitnehmer angeworben.

 

Die wettersche REME in der britischen Besatzungszone bis zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland

  

Die Aufklärungen im Ruhrgebiet zeigten, dass es in Wetter (Ruhr) zwei fast unbeschädigte Fabriken gab, die DEMAG und das Stahlwerk Harkort-Eicken (vormals Schöntaler Eisenwerke). Der 23 Advanced Workshop der REME bezog zum 5. Juli 1945 einen Teil der DEMAG (das Werk I - ehemals die Firma Stuckenholz). Diese Werkshallen wurde zur Reparaturwerkstätte. Desweiteren wurde das Stahlwerk Harkort-Eicken vollständig besetzt. Hier wurde auch das RAOC stationiert, welches die Hallen des ehemaligen Walzwerks bezog. Zwei Monate nach Ende des 2. Weltkrieges lösten somit die Briten die Amerikaner als Besatzungsmacht in Wetter ab. Auch eine kanadische Einheit zog auf das Gelände, welche wohl noch 1970 hier stationiert war.

Nun folgten in kurzer Zeit Umbenennungen, was zeigt, dass die Britische Rheinarmee ihre Struktur als Besatzungsmacht noch nicht endgültig gefunden hatte. So wurde das Corp am 18. Januar 1946 erst in 23 Heavy Workshop und im August 1946 in Civilianised Heavy Workshop Company R.E.M.E., später dann in 23 Heavy Workshop Coy (Civ) R.E.M.E. umbenannt.

Die ersten Arbeitskräfte in Wetter wurden aus während des Krieges nach Wetter Verschleppten und Vertriebenen rekrutiert, diese wurden kurze Zeit später noch durch Kriegsgefangene (der Alliierten) unterstützt. Noch Ende 1945 stellte ein eigenes Personalbüro vom Arbeitsamt überwiesene Arbeitskräfte ein. Viele deutsche Arbeiter nahmen am Anfang die Arbeit bei der REME nur an um eine Wohngenehmigung zu erhalten. Als Besatzungsbetrieb war die REME als Arbeitgeber anfangs unbeliebt. Da 1945 auch das Essen noch knapp und die zugeteilten Rationen in der Bevölkerung klein waren, gaben die Briten im Saal des Gasthofs Düllmann noch zusätzliche Mittagessen für die Arbeitnehmer aus. Manchmal auch ein zusätzliches Frühstück bestehend aus einer Scheibe Brot mit Magarine und Wurst.

Im Juli 1945 wurden nur 151 Personen beschäftigt, im Oktober 1946 schon 2.909 Personen. Am Anfang wurden ausschließlich Radfahrzeuge gewartet und repariert. Noch 1945 wurde ein Betriebsrat gewählt, der aber aufgrund der Struktur eines Besatzungsbetriebes nur eingeschränkt tätig werden durfte. Der Betriebsrat verlegte zusammen mit der Werksleitung im Auftrag des englischen Stabes ab Oktober 1946 auch die erste deutschsprachige Betriebszeitschrift eines englischen Besatzungsbetriebs. Die Zeitschrift erhielt den Namen "Auspuff". Gedruckt wurde diese in der Buchdruckerei Paul Edelhoff im Schöntal. Bereits nach 3 Jahren (1946 – 1948) wurde die Zeitschrift aber wegen Geldmangels vorerst wieder eingestellt. Offiziell begründet wurde das auch mit einer bereits vorhandenen großen Vielfalt an Magazinen im freien Markt.

Für die englischen Arbeiter und Soldaten wurde von der REME-Verwaltung das monatlich in englischer Sprache erscheinende Magazine „Twenty-Three“ zum Preis von einem Shilling herausgegeben. Darin wurde von den hier lebenden Briten in Leserbriefen tatsächlich ihre Zufriedenheit und Dankbarkeit über die Stationierung in Wetter ausgedrückt.

Ab dem 3. Juli 1946 trafen sich Mitarbeiter des B-Werks unter dem Namen B’-Vehicles-Abendschoppen“ in unregelmäßigen Abständen Mittwoch Abends.

Die städtische Verwaltung wurde seit Kriegsende von den Alliierten (erst Amerikanern, dann Briten) mit übernommen, doch schon im August 1946 konnten große Teile der örtlichen Verwaltung wieder in deutsche Hände geben werden.

Am 1.September 1946 wird die Werksfeuerwehr „REME-Fire-Brigade“ mit 2 Mann, einem Deutschen und einem Engländer, gegründet.

Zum 1. Oktober 1946 erhielt die Werksleitung den Auftrag eine Lehrwerkstatt einzurichten. Es ging mit 20 jungen Männern, deren ursprüngliche Ausbildung in wetterschen Betrieben durch den Krieg unterbrochen wurde, los und Ende 1946 waren dann insgesamt 30 Lehrlinge in Ausbildung. Ihnen wurde so ermöglicht eine Berufsausbildung in den Berufen Kraftfahrzeug-, Maschinen- und Betriebsschlosser, Betriebselektriker, Dreher, Bau- und Gerätetischler, Technischer Zeichner und Stoffprüfer (Qualitätsprüfung von Roh- und Hilfsstoffen) abzuschließen. 1985 wurden jährlich 80 Lehrlinge ausgebildet.

Im Jahr 1947 zog dann das RAOC innerhalb des Betriebsgeländes um und bezog das alte Verwaltungsgebäude von Harkort-Eicken.

 

Die REME ab 1949

Anfang 1949 wurden die Werkstätten erneut umbenannt und hießen nun 23 Heavy Workshop REME, erst später wurde das Werk dann in 23 Base Workshop REME umbenannt. In Wetter (Ruhr) betrieb die REME die größten Werksanlagen ausserhalb Englands.

- wird fortgesetzt -

 

Erläuterung der den Einheiten vorangestellten Nummern

Die Einheiten wurden durchnummeriert. Jene, die im Nahen Osten stationiert waren, erhielten dreistellige Nummern ab 500. Die Einheiten, die an der Landung in der Normandie teilnahmen, erhielten ab diesem Zeitpunkt zweistellige Nummern ab 20!

Warum die Nummer scheinbar willkürlich vergeben wurden, ist nicht nachvollziehbar. Zumindest nach Kriegsende gab es in Kontinentaleuropa auch Einheiten mit einstelligen Nummern.

 

Quellen: